Postulat von Landrätin Regula Waldner für die Landratssitzung am 27. April 2023

Der Bund, der schweizerische Gemeinde- sowie Städteverband und die schweizerische Gesellschaft für Lufthygiene – sie alle sind sich einig, dass übermässige Beleuchtung schädlich ist, und dass im Umgang mit Lichtemissionen ein unmissverständlicher übergeordneter gesetzlicher Auftrag an die Kantone und Gemeinden besteht:

«Übermässige oder nicht fachgerechte Beleuchtungen der nächtlichen Umgebung können für Natur, Mensch und Umwelt schädliche oder lästige Auswirkungen haben. Licht kann aber auch tagsüber zu Belästigungen und Beschwerden führen, etwa bei Reflexion von Sonnenlicht an Fassaden, Fensterflächen oder Solaranlagen. Bei der Beurteilung der Auswirkungen von künstlichem Licht auf den Menschen und die Umwelt sind verschiedene Faktoren massgebend, etwa die Intensität und spektrale Zusammensetzung, der Zeitpunkt, die Dauer, die Periodizität und die Ausrichtung der Beleuchtung. Eine wichtige Rolle spielt zudem die Beschaffenheit der Umgebung, in welcher die Immissionen auftreten.
Lichtemissionen, die von ortsfesten Anlagen und mobilen Einrichtungen in der Umwelt ausgehen, fallen in den Geltungsbereich des Umweltschutzgesetzes. Die Beleuchtungen müssen nach dem Vorsorgeprinzip so weit begrenzt werden, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist. In keinem Fall dürfen sie zu schädlichen oder lästigen Auswirkungen führen. Wenn schützenswerte Naturräume oder lichtempfindliche Tiere betroffen sind, müssen zudem die Vorgaben des Natur- und Heimatschutzgesetzes, des Jagdgesetzes oder des Bundesgesetzes über die Fischerei beachtet werden.»[1]

Ich bitte den Regierungsrat anhand der nachfolgenden Fragen zu prüfen und zu berichten, wie die oben genannten Bestimmungen des Bundes umgesetzt werden und mit welchen Instrumenten/Abläufen der Kanton Lichtemissionen vorbildlich minimieren kann:

1.       Wie trägt der Kanton selbst dem Umweltschutzgesetz bei Lichtemissionen Rechnung:

1.1.   Status Quo: Wie werden allfällige bestehende schädliche oder lästige Auswirkungen mit Blick auf eine umfassende Interessenabwägung erhoben (kantonsweite Bestandsaufnahme?) und welche Guidelines bezüglich Reduktionszielen kommen zur Anwendung?

1.2.   Wird das Vorsorgeprinzip bei Planungen und Bauvorhaben genügend berücksichtigt, namentlich dort, wo sich der Kanton für künstliche Beleuchtung verantwortlich zeichnet (Kantonsstrassen, öffentliche Plätze, Werbeflächen, kantonale Anlagen usw.)? Bitte differenzierte Antwort!

1.3.   Ist der Kanton bei seinen Bauten und Anlagen vorbildlich unterwegs, d.h. wird ein Verzicht auf Reflexion von Sonnenlicht an Fassaden, Fensterflächen oder Solaranlagen bei Neubauten und Renovationen konsequent vorgenommen? Bitte Darstellung anhand ausgewählter Beispiele.

2.       Auch wenn Gemeinden in Sachen Lichtemissionen vieles selber festlegen können, so ist doch gemäss übergeordnetem Gesetz zu gewährleisten, dass das Vorsorgeprinzip greift, und dass schädliche Beleuchtung im Vollzug begrenzt wird[2]:

2.1.   Wie nimmt der Kanton hier seine Aufsichtspflicht wahr, namentlich auch bei allfällig übermässiger Beleuchtung öffentlicher Flächen? Es scheint, dass allgemein auf das Instrument „Lichtklagen von Privatpersonen“ abgestützt wird; solche Klagen werden aber im Ermessen der Gemeinden selbst beurteilt und ersetzen keine systematische und neutrale Beleuchtungsbeurteilung. Verbesserungspotenziale?

2.2.   Wie ist zu gewährleisten, dass alle Gemeinden nach dem Vorsorgeprinzip handeln: Wären zwingende Vorgaben im kommunalen Nutzungs- und/oder Polizeireglement dem übergeordneten (flächendeckenden) Auftrag dienlich? Wenn ja, welche Punkte wären hier sinnvollerweise abzuhandeln (Musterreglemente)? Sollten Planungsgrundsätze im Raumplanungs- und Baugesetz und/oder kantonalen Richtplan an die Hand genommen werden?

2.3.   Wie wird bei Baueingaben die Frage einer übermässigen künstlichen Beleuchtung beurteilt? Wird z.B. auch die Fassadenbeleuchtung erfasst? Ist die Schnittstelle auf Seiten der Bewilligungsbehörde zweckdienlich geregelt (Bauinspektorat, Lufthygieneamt, evtl. Denkmalpflege und Naturschutz…)? Verbesserungspotenziale?

3.       Schützenswerte Naturräume und lichtempfindliche (Tier-)Arten:

3.1.   Kann der Regierungsrat die schützenswerte Gebiete bzw. Lebensräume konkret lokalisieren, die eine besondere Betroffenheit in Bezug auf Lichtemissionen haben?

3.2.   Wie müsste eine Planung bzw. Strategie aussehen, um diese Lebensräume und lichtempfindlichen Arten gemäss den Vorgaben des Natur- und Heimatschutzgesetzes, des Jagdgesetzes oder des Bundesgesetzes über die Fischerei nachhaltig vor Lichtemissionen zu schützen?

3.3.   Bis wann sind die wichtigsten emissionsmindernden Massnahmen in Bezug auf Licht für diese Schutzgüter umgesetzt?

3.4.   Wie gestaltet sich die Nachkontrolle, dass die Auflagen zur Minderung der Lichtemissionen langfristig eingehalten werden?

[1] zitierte Quelle = Merkblatt für Gemeinden, https://www.bafu.admin.ch/dam/bafu/de/dokumente/elektrosmog/fachinfo-daten/merkblatt_begrenzung_lichtemissionen.pdf.download.pdf/Merkblatt%20Begrenzung%20von%20Lichtemissionen.pdf

[2] Lichtemissionen von Anlagen sind in erster Linie mit Massnahmen an der Quelle zu begrenzen, und zwar nach einem zweistufigen Verfahren:
1. Im Rahmen der Vorsorge sind die Emissionen – unabhängig von der bestehenden Belastung – so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist. Die dafür erforderlichen Massnahmen zur Emissionsbegrenzung sind vom Anlagebetreiber oder Bauherrn zu ergreifen, respektive von der Behörde anzuordnen.
2. Wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden, müssen die Massnahmen zur Emissionsbegrenzung verschärft werden. Weil bisher keine Immissionsgrenzwerte festgelegt wurden müssen die Vollzugsbehörden im Einzelfall beurteilen, ob die Einwirkung schädlich oder lästig ist. (Quelle: siehe oben)