Motion von Klaus Kirchmayr für die Landratssitzung vom 2. September 2021
Die Hochwasser-Katastrophe in Deutschland und Belgien im Juli 2021 hat sehr viel Leid über die lokale Bevölkerung gebracht. Dass in einem hochentwickelten Land mit besten Katastrophenschutz-Strukturen 160 Menschen sterben mussten, muss auch uns in der Schweiz zu denken geben. Der Klimawandel wird auch im Baselbiet vermehrt zu Sonderlagen führen und der Katastrophenschutz dürfte in Zukunft noch mehr gefordert sein.
Die Lektüre des aktuellen Bevölkerungsschutz-Gesetzes des Kantons Baselland zeigt, dass zwar viele organisatorische Fragen geregelt sind, jedoch kaum Grundlagen und Verantwortlichkeiten existieren, welche in realen Katastrophen-Szenarien und deren Vorfeld bedeutend sind. Zu nennen sind hier insbesondere:
Die Rolle des Bevölkerungsschutzes bei der Erstellung und Unterhalt von entsprechenden Risiko-Karten und Evakuierungsplänen. Hier sollte dem Bevölkerungsschutz auf Gesetzesstufe eine klare Verantwortlichkeit und Rolle zugewiesen werden – nicht aktuelle Risikokarten haben bei der Flutkatastrophe in Deutschland zu vielen Todesopfern geführt (so stand beispielsweise in Pflegeheim klar ausserhalb der roten Zone – trotzdem wurde es meterhoch überflutet und es resultierten 12 Todesopfer).
Ebenso wichtig für die Einsatzkräfte ist ein funktionierendes Mess- und Meldenetz, welche auch zuverlässig Informationen liefert, wenn es extrem wird. Bei der Dimensionierung und die Überprüfung der Funktionsfähigkeit dieses Messnetzes sollte dem Bevölkerungsschutz eine Verantwortlichkeit zugewiesen werden. Der Bevölkerungsschutz muss keine Pegelmesser oder Wetterstationen selbst betreiben, aber er sollte via Aufsicht sicherstellen können, dass diese Messstellen auch in Extremsituation funktionieren und ihre Daten weiterleiten.
Die Aufarbeitung vieler positiver und negativer Erfahrungsberichte von Katastrophen zeigt die entscheidende Wichtigkeit von guten und regelmässigen Katastrophen-Übungen. Sie kommt noch vor einer guten personellen oder materiellen Ausstattung. Im aktuellen Bevölkerungsschutz-Gesetz finden sich kaum Regelungen oder Standards bzw. dieses wichtigsten Aspekts eines wirkungsvollen Katastrophenschutzes. Der Kanton BL führt zwar regelmässig auch grössere Übungen durch, jedoch fehlt hierfür die gesetzliche Grundlage und damit auch eine gesicherte Finanzierung solch regelmässiger grösserer Übungen. In der Konsequenz wird heute viel in den Führungsstäben geübt und tendenziell zu wenig unter Einbezug der konkreten Einsatzkräfte oder gar der Bevölkerung. Gerade dieser breite Einbezug ist jedoch für eine erfolgreiche Katastrophenbewältigung wichtig.
Entsprechend wird beantragt, dass das aktuelle Gesetz über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz im Kanton BL um die gesetzlichen Grundlagen ergänzt wird, welche eine Bewältigung zukünftiger Sonderlagen auf ein gutes Fundament stellen. Insbesondere sollten Grundlagen in den folgenden Bereichen geschaffen werden:

  • Sicherstellen eines jederzeit verfügbaren Mess- und Meldenetzes.
  • Verantwortlichkeit/Aufsicht des Bevölkerungsschutzes für die Aktualität der entsprechenden Risiko-Karten und Evakuierungspläne.
  • Etablierung von Standards bezüglich regelmässiger Katastrophenschutz-Übungen und deren Finanzierung, welche nicht nur die Abläufe in den Führungsstäben, sondern auch den Einbezug der Bevölkerung berücksichtigen.
  • Weitere notwendige Grundlagen, welche sich aus den Lehren der Flutkatastrophe in Deutschland ergeben.

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