Postulat von Klaus Kirchmayr für die Landratssitzung vom 2. September 2021
Die Hochwasser-Katastrophe in Deutschland und Belgien im Juli 2021 hat sehr viel Leid über die lokale Bevölkerung gebracht. Dass in einem hochentwickelten Land mit besten Katastrophenschutz-Strukturen 160 Menschen sterben mussten, muss auch uns in der Schweiz zu denken geben.
Dies umso mehr als mit dem Birstal im Baselbiet eine sowohl topographisch als meteorologisch sehr ähnlich exponierte Lage existiert (west-exponiert, Hügelland, enges Tal, Hinterhang).
Ein wesentlicher Aspekt der zu den katastrophalen Auswirkungen in Deutschland führte war, dass das Unwetter ein nicht für möglich gehaltenes Ausmass annahm. Wie bei uns in der Schweiz geht man bei der Risiko-Vorsorge von 100-jährigen Hochwassern/ Niederschlagsmengen aus, welche man bei lokal begrenzten 200 Litern Niederschlag innerhalb von 24 Stunden ansetzt. Auf diesen Werten basieren Risiko-Karten, Evakuierungspläne, Schutzmassnahmen.
Erste Auswertungen und Schadensbeurteilungen nach der Katastrophe zeigen nun, dass die nach den gleichen Methoden wie bei uns erarbeiteten Risiko-Karten nicht gut genug waren und dass offensichtlich weit mehr Regen fiel als man sich vorstellen konnte. Da es in den Vorwochen schon viel geregnet hatte verstärkte sich der Hochwassereffekt zusätzlich.
Auch die Mess- und Meldenetze der staatlichen Organe sind auf gewisse Maximal-Ereignisse dimensioniert und entsprechend fielen in der Katastrophenacht viele dieser Messstellen aus und machten die Einsatzkräfte blind und konnten deshalb nur ungenügend informiert reagieren. Es zeigte sich in aller Deutlichkeit, dass man auf ein Ereignis in dieser Grössenordnung nicht vorbereitet war.
Um seiner Schutzfunktion gegenüber der Bevölkerung nachzukommen, sollte der Kanton Baselland nach diesen brutalen Erfahrungen in Deutschland seine Risikovorsorge und insbesondere dessen Grundlagen überprüfen. Ein 300-Liter-Ereignis kann bei uns nicht mehr ausgeschlossen werden.
Im Sinne eines Handlungspostulats wird der Regierungsrat beauftragt, die folgenden Grundlagen für die Beurteilung der Hochwasser-Risiken neu zu beurteilen und entsprechend anzupassen:

  • Anpassung der den Risiko-Beurteilungen zugrunde liegenden Extremereignisse. Insbesondere soll die Annahme eines 200-Liter pro 24 Stunden-Ereignisses angepasst werden (auf 250 oder 300 Liter)
  • Überprüfung und Anpassung der Hochwasser-Risiko-Karten und der zugrunde liegenden Handlungs-Dispositive und Schutzmassnahmen-Planung.
  • Überprüfung des staatlichen Mess- und Meldenetzes bezüglich dessen Robustheit auch für Ereignisse jenseits der bisherigen Bemessungsgrenzen.

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