Regenwassernutzung fördern – in privaten und öffentlichen Gebäuden
Interpellation von Flavia Müller für die Ratssitzung vom 14. November 2024
Die Erderwärmung hat weitreichende Folgen, auch auf die Ressource Wasser. Wärmere Luft speichert mehr Feuchtigkeit, weshalb Wetterextreme wie Starkregen oder Hagelstürme und damit auch Überschwemmungen immer öfter auftreten werden. Dazwischen drohen immer mehr Trockenperioden mit längeren Dürre-Phasen. In der Antwort auf ein Postulat von Florence Brenzikofer (2019/223) zum Thema Nutzung von Regenwasser stellte die Regierung fest: «Es ist mit einer Abnahme der sommerlichen Niederschläge um 20 % zu rechnen. Gleichzeitig steigt die Verdunstung, was zu einem erhöhten Wasserbedarf für die Bewässerung führt. Um bei der privaten Gartenbewässerung nicht auf Trinkwasser zurückgreifen zu müssen, könnten Regenwassertanks das benötigte Wasser liefern.» Es ist deshalb eine Ressource, die im Hinblick auf die Zukunft stärker in den Fokus gerückt werden sollte. Zudem kann die Speicherung von Regenwasser, ganz gemäss dem Konzept der Schwammstadt, Überschwemmungen vorbeugen. Im Jahre 2021 war die Regenwassernutzung im Kanton mit 500-700 Anlagen bei einem Wohnbaubestand von 61‘000 Häusern marginal.
Der Trinkwasserverbrauch in der Schweiz beläuft sich pro Kopf und Tag auf 162 Liter. Davon könnte mit 69 Liter theoretisch knapp die Hälfte für Gartenbewässerung (4l), Wäschewaschen (17l) und Toilettenspülung (48l) mit Regenwasser abgedeckt werden.
Zudem wurde im Bericht aufgezeigt, dass die Rentabilität von unterirdisch verlegten Regentanks bei Einfamilien- und kleineren Mehrfamilienhäusern nur beschränkt gegeben ist. In Verbindung mit Solarstrom für den Betrieb der Pumpe wäre die Rentabilität für kleinere Gebäude höher. Ohne Anreize wie Fördergelder, Steuererleichterungen oder dem Verzicht auf Abwassergebühren überlegen es sich Eigentümer somit aber zweimal, ob eine solche Anlage angeschafft werden soll. Gemäss Bundesamt für Umwelt lassen sich grössere Gebäude wie Bürogebäude oder Schulhäuser wie auch grössere landwirtschaftliche Gebäude finanziell und ökologisch vorteilhaft mit Regenwasser versorgen. Die Ökobilanz und Rentabilität für öffentliche Gebäude wie Schulen etc. wurde im Bericht nicht geprüft oder zumindest nicht ausgewiesen. Einig sind sich die Regierung und das BAFU, dass die Regenwassernutzung für den zukünftigen Wasserhaushalt und damit für Mensch und Natur wichtig und sinnvoll ist.
Zudem hat die Regenwassernutzung folgende Vorteile:
- Grundwasser enthält von Natur aus Kalk. Trinkwasser mit hohem Kalkgehalt, auch hartes Trinkwasser genannt, verursacht Kalkablagerungen in der Waschmaschine, der Toilettenspülung sowie in den Leitungen. Regenwasser hingegen enthält nahezu keinen Kalk und schont die Geräte und Installationen. Die Lebensdauer dieser Anlagen wird somit deutlich erhöht.
- Die Verwendung von kalkarmem Wasser reduziert auch den Waschmittelbedarf (um bis zu 20%), ist besser für Pflanzen und zur Reinigung von Geräten oder Autos.
- Durch den verminderten Trinkwasserbedarf um bis zu 50 Prozent werden Frischwassergebühren und (je nach Tarifordnung) auch Abwassergebühren gespart.
- Bei Starkregen werden Kanalisationen und kommunale Abwasserreinigungsanlagen immer öfters von starken Zuströmen aus überbauten Flächen «überschwemmt». Regenwassertanks leisten einen wertvollen Beitrag, Oberflächenwasser zeitverzögert abzuleiten, was eine temporäre Entlastung des Abwassersystems zur Folge hat.
- Da den Quellen und dem Grundwasser weniger Trinkwasser entnommen wird, leistet jeder gesparte Liter Regenwasser einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz
Für grosse Klimaanlagen mit Kühltürmen eignet sich Regenwasser zudem als Kühlwasser. Autowaschanlagen und Abspritzplätze für Lastwagen können sinnvoll mit Regenwasser betrieben werden und in der Industrie gibt es verschiedene Verwendungszwecke für Regenwasser als Prozesswasser.
Der Regierungsrat schlug in seinem Bericht (2019/223) vor: «Die Reduzierung der Bedarfsspitzen bei den Wasserversorgungen wäre aber auf jeden Fall sinnvoll. Als Massnahmen zur Reduzierung des Spitzenbedarfs und zur Etablierung eines Anreizsystems wird folgender Weg vorgeschlagen:
- Der Monatsspitzenfaktor (Verbrauch im Kalendermonat mit dem höchsten Verbrauch im Verhältnis zum Jahresmittel) in einzelnen Gemeinden soll nicht über einem Wert von beispielsweise 1.5 liegen. Der Wert würde vom Kanton in Zusammenarbeit mit den Gemeinden festgelegt. Der Wert würde in Abhängigkeit der vorhandenen Ressourcen, der prognostizierten Entwicklung des Wasserdargebotes und der Verbrauchszahlen festgelegt.
- Die Gemeinden würden verpflichtet, den gesamten monatlichen Wasserverbrauch zu ermitteln und zu dokumentieren.
- Die Gemeinden mit einer Überschreitung des Spitzenfaktors müssten Massnahmen ergreifen. Bereits heute rufen Gemeinden in Trockenzeiten zum Wassersparen auf, stellen die Dorfbrunnen ab oder erlassen Verbote zur Gartenbewässerung. Längerfristige Massnahmen lägen in der Ausgestaltung von neuen Wasserpreismodellen oder der Förderung von Regenwassertanks.
- Falls sich die Gemeinden für die finanzielle Förderung von Regenwassertanks entscheiden würden, könnte der Kanton ebenfalls einen Förderbeitrag leisten.»
Aufgrund dieser Empfehlungen und der Tatsache, dass das Thema Regenwassernutzung immer aktueller wird, bitte ich den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:
- Welche Empfehlungen, die der Regierungsrat in der Beantwortung des Postulates (2019/223) vorgeschlagen hat, wurden seit April 2021 umgesetzt, befinden sich in der Umsetzung oder werden weiterverfolgt?
- Wie gross wird das kurz- und langfristige Wassersparpotenzial durch Regenwassernutzungsanlagen geschätzt? (Zudem soll die genutzte Regenwassermenge in den Sommermonaten ausgewiesen werden.) Die Regierung wird gebeten, bei der Angabe folgende Differenzierung zu machen:
(I) Art der Gebäude (Einfamilien-, Mehrfamilienhäuser, öffentliche, Büro-, Industrie- und Gewerbegebäude)
(II) Neubauten in den kommenden 20 Jahren
(III) Finanzielles und ökologisches Potenzial - In welcher Form und bis wann wäre eine Aufnahme von Regenwassernutzungsanlagen in der Baselbieter Förderung möglich?
– für private Eigentümer (Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser)
– für Bürogebäude und Unternehmen
– für öffentliche Gebäude (Verwaltungen, Schulhäuser, Kindergärten etc.