Motion von Simon Tschendlik für die Ratssitzung am 26. Juni 2025

Der Kanton Basel-Landschaft weist eine Fläche von 51’767 Hektaren auf. Davon entfallen gemäss der Erhebung des Bundesamts für Statistik aus den Jahren 2014/15 je rund 40% auf landwirtschaftliche Nutzfläche und Wald. Diese beiden Flächentypen prägen nicht nur das Landschaftsbild, sondern bilden auch das Fundament für zentrale Versorgungsfunktionen unseres Kantons: die Produktion von Lebens- und Futtermitteln, von Bau- und Eneregieholz sowie den langfristigen Erhalt stabiler ökologischer Rahmenbedingungen für Wirtschaft, Bevölkerung und Infrastruktur.

Verantwortlich für die Entwicklung, Pflege und Betreuung dieser Flächen sind auf kantonaler Ebene insbesondere das Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung sowie das Amt für Wald und Wild beider Basel. Gemeinsam verfügen diese beiden Fachstellen über einen jährlichen Nettoaufwand von rund 20 Millionen Franken (13 Mio. CHF Ebenrain, 7 Mio. CHF Wald und Wild). Das entspricht einem Mitteleinsatz von weniger als 500 Franken pro Hektare und Jahr – und weniger als 1% des gesamten Kantonsbudgets – zur Betreuung von über 80% der gesamten Kantonsfläche.

1. Strukturelle Unterfinanzierung und überproportionale Kürzungen
Trotz ihrer zentralen Bedeutung für Ernährungssicherheit, Versorgungssouveränität und Standortstabilität werden die beiden Ämter im Rahmen der kantonalen Finanzstrategie 2025–2028 nicht von Sparmassnahmen ausgenommen – im Gegenteil: Bereits 2025 wurden erste Kürzungen umgesetzt (z. B. minus 200’000 Franken bei der Jungwaldpflege), und weitere substanzielle Einsparungen sind in Planung:

  • Ebenrain-Zentrum: Kürzung von gut 6 % für 2026–2029 (über 3 Mio. CHF)
  • Amt für Wald und Wild: Kürzung von gut 7 % für 2026–2029 (knapp 2 Mio. CHF)

Diese geplanten Kürzungen liegen deutlich über dem Durchschnitt aller Direktionen und Ämter und verschärfen eine strukturelle Unterfinanzierung, die bereits heute dazu führt, dass zentrale Aufgaben nicht mehr vollständig erfüllt werden können – weder im Bereich Beratung und Bildung, noch bei Pflege-, Schutz- oder Bewirtschaftungsmassnahmen.

2. Enorme Hebelwirkung trotz kleinem Budget
Die Leistungen beider Ämter entfalten eine Wirkung auf einen Grossteil des Kantonsgebiets – in Bezug auf Ernährung, Ressourcensicherheit, regionale Wertschöpfung, Schutzfunktionen und den langfristigen Erhalt von Standortqualität.
Beispiele für diese Hebelwirkung:

  • Landwirtschaft: Unterstützung von rund 1’000 Betrieben im Kanton, Beratung in Anbausystemen, Tierhaltung, Direktvermarktung, Hofnachfolge, Bildung.
  • Forstwirtschaft: Pflege und Schutz von über 21’000 ha Wald, Sicherstellung von Holzproduktion, Jungwaldpflege, Schutzwaldsanierung, Wildregulierung und Walderholung.
  • Ausbildung und Nachwuchsarbeit: Vom landwirtschaftlichen Grundkurs bis zur Berufsbildung für Forstwartinnen und Forstwarte.
  • Vernetzung ländlicher Räume: Vermittlung zwischen Gemeinden, Grundeigentümerschaften, Landwirtschaft und Bevölkerung.

Die Sparmassnahmen gefährden genau diese multiplen Leistungen – die nicht nur für die betroffenen Betriebe, sondern für die gesamte Bevölkerung des Kantons langfristig relevant sind.

3. Wer an der Versorgung spart, zahlt später mehrfach
Ein funktionierender Primärsektor ist keine Selbstverständlichkeit. Die Landwirtschaft und die Forstwirtschaft stehen unter starkem wirtschaftlichen und strukturellem Druck: steigende Betriebskosten, Nachfolgeprobleme, Zunahme extremer Wetterereignisse, schwankende Absatzmärkte.

Wird in der öffentlichen Hand zusätzlich an der Grundfinanzierung gespart, hat dies folgende Konsequenzen:

  • Pflegearbeiten entfallen: Schutzwälder und Kulturlandflächen geraten aus dem Gleichgewicht; Sanierungen werden später massiv teurer.
  • Betriebe geraten unter Druck: Strukturwandel wird beschleunigt, Eigenständigkeit und Familienbetriebe verschwinden.
  • Regionale Wertschöpfung sinkt: Arbeitsplätze in nachgelagerten Bereichen (Verarbeitung, Transport, Gewerbe) gehen verloren.
  • Importabhängigkeit steigt: Je weniger lokal produziert wird, desto grösser die Abhängigkeit von volatilen internationalen Märkten.

Kurzum: Jeder heute eingesparte Franken kann mittelfristig ein Vielfaches an Folgekosten verursachen, sei es durch Ausgleichszahlungen, Notfallinterventionen oder Strukturhilfen.

4. Die grüne Infrastruktur braucht Verlässlichkeit – nicht zyklische Sparprogramme
Im Unterschied zur sogenannten grauen Infrastruktur (Strassen, Gebäude, Anlagen), deren Unterhalt unter Umständen um einige Jahre verschoben werden kann, verträgt die grüne Infrastruktur keinen Investitionsunterbruch:

  • Pflegefenster bei Jungwald oder Heckenmassnahmen sind biologisch klar terminiert.
  • Beratungszyklen in der Landwirtschaft brauchen Stabilität über mehrere Jahre.
  • Schutzwaldsanierungen und Wildbestandsregulierungen lassen sich nicht beliebig aufschieben.
  • Wiederkehrende Sparprogramme zerschlagen funktionierende Strukturen – sowohl personell wie operativ. Was in wenigen Monaten eingespart wird, muss danach über Jahre hinweg wieder mühsam aufgebaut werden.

5. Verantwortung gegenüber kommenden Generationen
Die nachhaltige Nutzung von Landwirtschafts- und Waldflächen ist eine Aufgabe mit Langzeithorizont. Entscheidungen, die heute gefällt werden – etwa beim Waldumbau, bei Bildungsstrukturen oder bei Landschaftspflegeprogrammen – zeigen ihre Wirkung oft erst in 10, 20 oder 50 Jahren.

Wer diese Verantwortung wahrnimmt, muss gerade in Krisenzeiten dafür sorgen, dass die nötigen Fachstellen verlässlich arbeiten können. Die nachfolgenden Generationen haben Anspruch auf funktionierende Systeme und resiliente Versorgungsstrukturen – keine Flickwerke infolge Spardrucks.

6. Budget darf nicht zur Einsparung zweckentfremdet werden
In der Praxis zeigt sich zunehmend, dass selbst bewilligte Budgets nicht vollständig ausgeschöpft werden – sei es infolge interner Zurückhaltung, bürokratischer Hürden oder zurückgestellter Projekte. Diese Unterschreitungen dürfen jedoch nicht dazu führen, dass die Differenz als stilles Sparpotenzial verbucht wird. Insbesondere in Bereichen mit langfristigen Investitionszyklen – wie bei der Waldpflege oder der landwirtschaftlichen Beratung – braucht es Flexibilität, um Mittel im Verlauf des Finanzplanungszeitraums bedarfsgerecht einsetzen zu können. Die Nichtausschöpfung eines Budgets darf nicht automatisch zur Legitimation von Kürzungen oder zur Streichung von Stellen oder Programmen oder dem Leistungsumfang führen.

Antrag: Der Regierungsrat wird gebeten:

  1. Die im Rahmen der Finanzstrategie 2025–2028 bereits umgesetzten Sparmassnahmen beim Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung sowie beim Amt für Wald und Wild rückgängig zu machen;
  2. auf die geplanten weiteren Budgetkürzungen für die Jahre 2026 bis 2029 bei beiden Ämtern zu verzichten;
  3. diese Änderungen im Budget 2026 sowie im Aufgaben- und Finanzplan 2026–2029 verbindlich zu berücksichtigen;
  4. sicherzustellen, dass nicht ausgeschöpfte Budgetmittel der beiden Ämter innerhalb des Finanzplanungszeitraums erhalten bleiben und nicht als Einsparpotenzial angerechnet werden.